Farmen mit Angst vor dem Zusammenbruch |
„Wir haben keine Zeit mehr“
Schreckliche Angst in der deutschen Wirtschaft: Viele Unternehmen wissen nicht mehr weiter gegen hohe Energiepreise und Lieferengpässe.
Laut einer Umfrage des Bundesverbandes der Deutschen Industrie sieht sich jedes dritte Industrieunternehmen in seiner Existenz bedroht.
Nicht nur die großen Chemie- und Stahlgiganten sind in Schwierigkeiten, sondern auch viele mittelständische Unternehmen. So warnt beispielsweise der Zentralverband Oberflächentechnik in einer Stellungnahme vor einem „Herzinfarkt“.
Die Energiekostensituation sei „wesentlich dramatisch“, zusätzliche jährliche Kosten „von einer Million Euro und mehr, je nach Unternehmensgröße, seien in den kommenden Jahren keine Seltenheit“.
„Ein Großteil der deutschen Wirtschaft steht kurz vor dem Kollaps“, warnt Andrea Thoma-Böck, geschäftsführende Gesellschafterin der Thoma Metallveredelung (150 Mitarbeiter) in Heimertingen (Bayern).
Sebastian Priller, Geschäftsführer der Augsburger Traditionsbrauerei Riegele, beklagt den Mangel an Flaschen, Korken und Kohlensäure.
„Wir sind ein sogenannter Cross-Industry. Viele in Deutschland verwendete Materialien haben eine Oberflächenbehandlung. Wenn wir die Vorarbeit nicht leisten, werden unter anderem der Automobil-, Luftfahrt-, Baumaschinen-, Windkraft- und Medizintechnikindustrie entscheidende Teile für ihre Produkte fehlen.“
Drei Briefe schrieb Thoma-Böck an Wirtschaftsminister Robert Habeck (53, Grüne), ohne Erfolg.
Das Problem: Aufgrund der hohen Energiepreise muss das Unternehmen statt der üblichen 750.000 Euro pro Jahr voraussichtlich 3 Millionen Euro allein für den Strom bezahlen. Nicht einmal die Kosten für Benzin und Diesel sind berücksichtigt.
Auch weil die chemische Industrie ihre Prozesse verlangsamt, fehlen wichtige Chemikalien wie Salzsäure und Natronlauge, ohne die nichts geht.
Thoma-Böck: „Die Rücklagen aller Unternehmen der Branche reichen nur noch für wenige Wochen. Er hofft, dass die Politik Strom- und Gaspreise für Industrie und Mittelstand festlegt, „die uns ein wirtschaftliches Überleben ermöglichen.“
Ähnlich sieht es bei Brauereien aus: „Wir können kaum noch mehr Kohlendioxid bekommen, weil die chemische Industrie ihre Prozesse herunterfährt und plötzlich Flaschen und Kronkorken knapp werden, weil Glas- und Aluminiumwerke ihre Produktion drosseln“, erklärt Sebastian Priller, Geschäftsführer der Traditionsbrauerei Riegele in Augsburg (seit 1386, 150 Mitarbeiter).
Hinzu kommt die Explosion der Verpackungs-, Malz-, Zucker- und Energiekosten. „Unser Stromvertrag läuft Ende des Jahres aus. Wenn ich dann zu aktuellen Preisen einkaufen muss, weiß ich nicht, wie ich weiter profitabel produzieren kann.“
Dieser Artikel stammt von BILD am SONNTAG. Das ePaper der gesamten Sendung ist verfügbar hier.
Quelle: www.bild.de